„Wer die meisten Bilder hat gewinnt“ – Von der Gründung der Fotothek zum heutigen Fotoarchiv

Das Fotoarchiv umfasst aktuell mehr als 20 000 Bilder, darunter Fotografien, Drucke, Illustrierte, vereinzelte Großbilddias und Kunstbücher. Die Sammlung von fast ausschließlich schwarzweißen Reproduktionen wurde als Lehr- und Forschungsmaterial genutzt. Die Fotografien, häufig im 18 x 24 cm-Format, wurden im Seminar und bei Vorträgen im Plenum herumgereicht und bis in die 1990er Jahre noch als Prüfungsmaterial benutzt. 1921 nannte der Leiter des neu gegründeten kunstgeschichtlichen Seminars der Universität Hamburg, Erwin Panofsky, 30 000 Abbildungen und 4 000 Diapositive als dem Seminar zur Verfügung stehendes Bildmaterial (Brief vom 22. 12. 1921 an Fritz Saxl). Der überwiegende Teil war Eigentum der Kunsthalle, in deren Räumen das Seminar noch bis 1967 untergebracht war. Die Sammlung wurde beim Einzug in die Moorweidenstraße aufgeteilt.
Aus Panofskys persönlichen Mitteln oder über Geld- und Reproduktions-Spenden Dritter entstand anfangs die Sammlung des heutigen Fotoarchivs sowie der Diathek. Die Reproduktionen erhielt Panofsky von anderen Kunsthistorikern, mit denen er im regen Bilder-Tausch stand oder von Verlagen und professionellen Foto-und Bild-Agenturen. Vermutlich verwendete Panofsky selten eigene Fotografien.
In der Entstehung des Fotoarchivs lässt sich die enge Verzahnung zwischen dem Fach Kunstgeschichte und der Verwendung von Reproduktionen nachweisen. Die von Panofsky überlieferte Äußerung, „Wer die meisten Bilder hat gewinnt!“, ist auch in der Hinsicht zu verstehen, dass den Paragone der kunstgeschichtlichen Methoden nur derjenige Kunsthistoriker gewinnen kann, der die geeigneten Werkzeuge hat.
Der kunsthistorischen Umgang mit Reproduktionen, ihr epistemischer Gehalt sowie ihr ästhetischer Wert werden aktuell im Fotoarchiv untersucht. Die studentische Arbeitsgruppe „Reproduktionen“ und das Tutorium zum Seminar „Das Fotoarchiv“ von Professor Charlotte Schoell-Glass (SoSe 2012) sowie zum Seminar „Die Kunst der Reproduktion“ von Professor Wolfgang Kemp und Professor Charlotte Schoell-Glass haben die Ausstellungen LEBENDIGES ARCHIV (2012) und EIN NEUER BLICK AUF ALTE REPRODUKTIONEN (2010) mit dem Bestand der von Panofsky gegründeten Fotothek erarbeitet, die 2012 nach einer Generalreinigung, Umsortierung und Inventarisierung in Fotoarchiv des Kunstgeschichtlichen Seminars der Universität Hamburg umbenannt wurde.

 

Sarah Niesel, Aya Fujita